Zusammenfassung des Urteils B 2011/43: Verwaltungsgericht
Der Beschwerdeführer, männlich, verlangte den Familiennachzug seiner Tochter, die im Jahr 1992 geboren wurde, in die Schweiz. Die Behörden lehnten das Gesuch ab, da es verspätet war und keine wichtigen familiären Gründe vorlagen. Der Beschwerdeführer zog vor das Verwaltungsgericht, das die Ablehnung bestätigte. Es wurde festgestellt, dass die Tochter des Beschwerdeführers, weiblich, nicht in die Schweiz nachziehen darf, da keine wichtigen familiären Gründe vorliegen. Richter: Prof. Dr. U. Cavelti. Gerichtskosten: CHF 2'000.-. Die unterlegene Partei: Art. 74 Abs. 4 VZAE (SR 142.201), Art. 8 Ziff. 1 EMRK (SR 0.101).
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2011/43 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 21.06.2011 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Urteil Ausländerrecht, Familiennachzug, Art. 47 Abs. 1 und Abs. 4 AuG (SR 142.20), |
Schlagwörter: | Familiennachzug; Tochter; Schweiz; Gesuch; Recht; Beschwerde; Ausländer; Ehefrau; Aufenthalt; Beschwerdeführers; Indien; Mutter; Verwaltungsgericht; Aufenthaltsbewilligung; Entscheid; Kindes; Kinder; Integration; Vorinstanz; Ausländeramt; Zeitpunkt; Heimat |
Rechtsnorm: | Art. 1 KRK ;Art. 95 BGG ; |
Referenz BGE: | 126 II 342; 130 II 285; 136 II 407; |
Kommentar: | Spescha, Thür, Zünd, Bolzli, Kommentar zum Migrationsrecht, Zürich, 2009 |
familiäre für den Familiennachzug einer im Jahr 1992 geborenen Tochter verneint. Aus der Tatsache, dass der Mutter die Einreiseerlaubnis in die Schweiz erteilt worden ist, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, kann nicht geschlossen werden, es sei in jedem Fall von wichtigen familiären Gründen für den nachträglichen Nachzug von gemeinsamen Nachkommen auszugehen. (Verwaltungsgericht, B 2011/43).
Ausländerrecht, Familiennachzug, Art. 47 Abs. Abs. 1 und Abs. 4 AuG (SR 142.20),
Art. 74 Abs. 4 VZAE (SR 142.201), Art. 8 Ziff. 1 EMRK (SR 0.101). Wichtige familiäre für den Familiennachzug einer im Jahr 1992 geborenen Tochter verneint. Aus der Tatsache, dass der Mutter die Einreiseerlaubnis in die Schweiz erteilt worden ist, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, kann nicht geschlossen werden, es sei in jedem Fall von wichtigen familiären Gründen für den nachträglichen Nachzug von gemeinsamen Nachkommen auszugehen. (Verwaltungsgericht, B 2011/43).
Urteil vom 21. Juni 2011
Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,
Dr. B. Heer,lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle;Gerichtsschreiberin lic. iur.
R. Haltinner-Schillig
In Sachen
H. A.,H-strasse 6, 0000 B.,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. O. G., B-platz 5, Postfach, 0000 S. 1,
gegen
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen,Moosbruggstrasse 11, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz,
betreffend
Familiennachzug von M. H. A.
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ H. A., indischer Staatsangehöriger, geboren am 3. Mai 1960, heiratete am 6. Juni 1985 in Bombay/Mumbai (Indien) die Landsfrau G. H. A., geboren am 21. Januar 1959. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: Sohn R. A., geboren am 26. März 1986, und Tochter M. H. A., geboren am 12. Dezember 1992.
Am 23. Januar 2001 erteilte des Bundesamt für Ausländerfragen (heute: Bundesamt für Migration) H. A. eine auf 48 Monate befristete Jahresaufenthaltsbewilligung als Konzernmitarbeiter bzw. als Food & Beverage Manager I. Ltd.. Am 20. April 2001 reiste
H. A. in die Schweiz ein, und am 1. Juni 2003 verlegte er seinen Wohnsitz von W. nach B., wo er als Gesellschafter und Geschäftsführer der G. GmbH tätig ist. Das Ausländeramt (heute: Migrationsamt) verlängerte die Aufenthaltsbewilligung letztmals bis 19. April 2011.
Am 5. März 2010 stellte H. A. ein Gesuch um Familiennachzug für seine Ehefrau G. H.
A. und für die Tochter M. H. A.. Der Sohn R. A. verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über eine selbständige Aufenthaltsbewilligung. Am 8. Juni 2010 teilte das Ausländeramt H. A. mit, das Gesuch müsste bezüglich seiner Tochter abgewiesen werden, weil es verspätet eingereicht worden sei und weil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Vordergrund stehe. Am 29. Juni 2010 wurde das Gesuch betreffend M. H. A. zurückgezogen.
./ Am 28. September 2010 erneuerte H. A., nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. O. G., S., das Gesuch betreffend Familiennachzug von Ehefrau und Tochter. Das Ausländeramt lehnte es am 12. November 2010 ab, den Familiennachzug von M. H. A. zu bewilligen. Für G. H. A. wurde die Einreiseerlaubnis erteilt.
./ Am 29. November 2010 erhob H. A., wiederum vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. O. G., gegen die Verfügung des Ausländeramtes vom 12. November 2010 Rekurs beim Sicherheits- und Justizdepartement. Er stellte die Rechtsbegehren, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei der Familiennachzug von M. H. A. zu bewilligen. Am 22. Februar 2011 wies das Sicherheits- und Justizdepartement den Rekurs ab. Die Rekursinstanz gelangte zum Ergebnis, das Gesuch sei verspätet gestellt worden und es würden keine wichtigen familiären Gründe vorliegen, die den nachträglichen Nachzug der Tochter des Rekurrenten erforderlich machen könnten.
./ Am 9. März 2011 erhob H. A., wiederum vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. O. G., gegen den Rekursentscheid vom 22. Februar 2011 Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Er stellte die Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sowie die Verfügung des Ausländeramtes vom 12. November 2010 seien aufzuheben und der
Familiennachzug von M. H. A. sei zu bewilligen. Das Sicherheits- und Justizdepartement verzichtete am 30. März 2011 auf eine Stellungnahme und beantragte, die Beschwerde sei abzuweisen.
Am 3. Mai 2011 reichte H. A. die Bescheinigung ein, wonach er seit dem 19. April 2011 im Besitz der Niederlassungsbewilligung ist. Das Sicherheits- und Justizdepartement wurde zur Stellungnahme aufgefordert und verwies am 9. Mai 2011 auf die Erwägung 4b im angefochtenen Entscheid und verzichtete auf weitere Bemerkungen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. (...).
2. Der Beschwerdeführer erklärt die Stellungnahme vom 3. November 2010 an das Ausländeramt und die Rekurseingabe vom 29. November 2010 zum integrierenden Bestandteil der Beschwerde und bittet das Verwaltungsgericht, diese beiden Dokumente vor dem Studium der Beschwerdeschrift einzusehen. Sodann erklärt er, der Sachverhalt ergebe sich auch aus dem Gesuch vom 28. September 2010 und aus der Verfügung des Ausländeramtes vom 12. November 2010.
Das Verwaltungsgericht hat es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt, dass anstelle einer Begründung pauschal auf vorinstanzliche Eingaben verwiesen wird. Ein solcher Verweis ist ungenügend, weil aus ihm nicht hervorgeht, in welchen Punkten und weshalb der Entscheid der Vorinstanz angefochten wird. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, in erst- vorinstanzlichen Eingaben nach Gründen zu suchen, weshalb der angefochtene Entscheid unrichtig sein könnte (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 921 mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer erklärt unter Berufung auf Art. 47 Abs. 3 des
Ausländergesetzes (SR 142.20, abgekürzt AuG) und Art. 73 Abs. 3 und Art. 74 Abs. 4
der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (SR 142.201, abgekürzt VZAE), seine Tochter sei gerne bereit, dazu angehört zu werden, dass sie mit ihren Eltern in der Schweiz leben wolle bzw. dazu, dass es ihr als alleinstehender junger Frau aufgrund der gesellschaftlichen Gegebenheiten in Indien unmöglich sei, ohne familiäres Umfeld allein in der Heimat zu leben.
Der Beschwerdeführer kann sich nicht auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (SR 0.107, abgekürzt KRK) berufen, weil M. H. A. am 12. Dezember 2010 das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat (vgl. Teil I Art. 1 KRK). Sowohl Art. 73 Abs. 3 VZAE betreffend den nachträglichen Familiennachzug von Personen mit Aufenthaltsbewilligung als auch Art. 74 Abs. 4 VZAE betreffend den nachträglichen Familiennachzug bei vorläufiger Aufnahme sehen vor, dass Kinder über 14 Jahren zum Familiennachzug angehört werden, sofern dies erforderlich ist und dass die Anhörung in der Regel bei der Schweizerischen Vertretung am Aufenthaltsort stattfindet. Im vorliegenden Fall ist die persönliche Anhörung der Tochter des Beschwerdeführers indessen nicht erforderlich, weil davon ausgegangen werden kann, dass der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer ihren Standpunkt zum Ausdruck bringt.
Strittig ist, ob dem Gesuch des Beschwerdeführers um Familiennachzug seiner Tochter M. H. A. wegen des Vorliegens wichtiger familiärer Gründe im Sinn von Art. 47 Abs. 4 AuG und unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (SR 0.101, abgekürzt EMRK) hätte entsprochen werden müssen.
Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 der Bundesverfassung (SR 101) gewährleisten das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und haben dieselbe Tragweite (Spescha, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Kommentar zum Migrationsrecht, Zürich 2009, N 12 in Nr. 18 mit Hinweisen). Die Garantien verschaffen kein Recht auf Anwesenheit, können aber verletzt sein, wenn einer Ausländerin einem Ausländer mit Familienangehörigen in der Schweiz die Anwesenheit untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird (BGE 130 II 285 E. 3.1 mit zahlreichen Hinweisen). Der sich hier aufhaltende Angehörige muss über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügen. Dies trifft zu, wenn die verwandte Person das Schweizer Bürgerrecht eine Niederlassungsbewilligung besitzt über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die
ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht. Sodann ist der Anspruch auf Achtung des Familienlebens nicht absolut. Er verpflichtet die Behörde nicht in jedem Fall, eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen (BGE 126 II 342 E. 3a). Der Schutz des Familienlebens kann weiter nur angerufen werden, wenn die Beziehung tatsächlich gelebt wird (VerwGE vom 25. Januar 2005 i.S. D.H., in: www.gerichte.sg.c h).
Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt, als der angefochtene Entscheid gefällt wurde, über eine Aufenthaltsbewilligung. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens, am 19. April 2011, ist ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Nach Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Der Beschwerdeführer hat somit grundsätzlich Anspruch darauf, mit seiner Ehefrau und der Tochter, die zum Zeitpunkt, als das Gesuch um Familiennachzug eingereicht wurde, das 18. Altersjahr noch nicht erreicht hatte, in der Schweiz zusammenzuwohnen.
Das innerstaatliche Recht kennt Nachzugsfristen. Sodann soll der Nachzug von Kindern möglichst rasch vollzogen werden, um eine optimale und rasche Integration zu fördern. In Umsetzung der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum späten Familiennachzug kurz vor Erreichung des Mündigkeits- bzw. Erwerbstätigkeitsalters wird der Familiennachzug von Kindern ab zwölf Jahren erschwert (Uebersax/Rudin/ Hugi Yar/Geiser, Aus-länderrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 16.7 mit Hinweis). Der Anspruch auf Familiennachzug muss nach Art. 47 Abs. 1 AuG innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden. Kinder über zwölf Jahre müssen innerhalb von zwölf Monaten nachgezogen werden. Nach der übergangsrechtlichen Regelung von Art. 126 Abs. 3 AuG beginnen die Fristen nach Artikel 47 Abs. 1 AuG mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Januar 2008, AS 2007 5489), sofern vor diesem Zeitpunkt die Einreise erfolgt das Familienverhältnis entstanden ist. Der Beschwerdeführer hat erstmals am 5. März 2010 ein Gesuch um Familiennachzug seiner Tochter gestellt, das in der Folge zurückgezogen worden ist. Das zweite Gesuch datiert vom 28. September 2010. Beide Gesuche sind nach Ablauf der gesetzlichen Frist und somit verspätet eingereicht worden.
Ein nachträglicher Familiennachzug wird nach Art. 47 Abs. 4 AuG nur bewilligt, wenn wichtige familiäre Gründe geltend gemacht werden. Der nachträgliche Familiennachzug soll im Interesse einer guten Integration zurückhaltend angewendet werden. Er muss aber möglich sein, wenn das Kindeswohl es gebietet, wobei sich die Gründe aus den konkreten Umständen des Einzelfalls er-geben müssen. So kann der Wegfall der notwendigen Betreuung im Herkunftsland eine Behinderung des Kindes den Nachzug erforderlich machen (Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser, a.a.O., Rz. 16.11 mit Hinweisen und BFM, Familiennachzug, Version 1.7.09, Ziff. 6.10.4). Leben die in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Ausländerinnen und Ausländer viele Jahre getrennt von ihren Kindern, ist ein nachträglicher Familiennachzug nur dann gerechtfertigt, wenn es das Kindeswohl gebietet, dass die Familiengemeinschaft nachträglich in der Schweiz hergestellt wird. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, in welchem Grad die nachzuziehenden Kinder in ihrem Heimatland integriert und wie im Vergleich dazu die Integrationsmöglichkeiten bzw. -schwierigkeiten in der Schweiz einzuschätzen sind. Sodann dürfen weder wirtschaftliche Gründe (wie bessere Berufs- und Lebenschancen in der Schweiz) noch die politische Lage im Herkunftsland im Vordergrund stehen (BFM, Familiennachzug, Version 1.7.09, mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis, insbesondere auch auf ein unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 29. Oktober 1998 i.S. Y, 2A.92/1998).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er das Gesuch um Familiennachzug seiner Tochter verspätet eingereicht bzw. dass er die dafür nach innerstaatlichem Recht vorgesehene Frist nicht eingehalten hat. Er hält aber dafür, die Vorinstanz habe die Pflicht zur Prüfung des Einzelfalls verletzt, weil sie davon ausgegangen sei, es spiele keine Rolle, welche Gründe dazu geführt hätten, dass er die Frist verpasst habe bzw. die Vorinstanz hätte den Umstand, dass nachvollziehbare Gründe dazu geführt hätten, bei der Prüfung der Frage, ob wichtige familiäre Gründe vorliegen würden, nicht ausser acht lassen dürfen. Er habe zum einen geltend gemacht, er habe von einer gesetzlichen Nachzugsfrist zu spät Kenntnis erhalten. Zum andern habe er sich darauf berufen, er habe mit dem Nachzug seiner Ehefrau und seiner Tochter solange zuwarten müssen, weil die Pflege und Betreuung seiner kranken Mutter die Anwesenheit seiner Ehefrau in Indien erforderlich gemacht habe. Es sei in seiner Heimat traditionellerweise gesellschaftliche Pflicht, Eltern bei Pflegebedürftigkeit beizustehen. Hinzu komme, dass
M. H. A. bei der Mutter habe verbleiben müssen, weil die kindergerechte Betreuung
einer Tochter in der indisch geprägten Familiengemeinschaft die Anwesenheit der Mutter erfordere, abgesehen davon, dass er beruflich international tätig sei und deshalb nicht in der Lage gewesen wäre, seine Tochter in der Schweiz zu betreuen.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, sie hätte im Zusammenhang mit der Frage, ob wichtige familiäre Gründe für den Familiennachzug seiner Tochter vorliegen, berücksichtigen müssen, dass er sich darauf berufe, er habe nicht gewusst, dass der Anspruch auf Familiennachzug innert gesetzlich festgelegten Fristen geltend gemacht werden müsse. Sonst würde mit dieser Behauptung die Anwendbarkeit dieser Bestimmung aus den Angeln gehoben. Hinzu kommt, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen wäre, sich bei den zuständigen Behörden nach den gesetzlichen Vorgaben für den Familiennachzug zu erkundigen. In Betracht fällt weiter, dass auch die Tatsache, dass achtbare Beweggründe, wie die Betreuung eines pflegebedürftigen Familienmitglieds durch die Mutter des nachzuziehenden Kindes in der Heimat, nicht dazu führen, dass an das Gesuch um Familiennachzug eines Kindes weniger hohe Anforderungen bezüglich der wichtigen familiären Gründe zu stellen sind. Vielmehr bringt der Gesuchsteller mit diesem Vorgehen zum Ausdruck, dass er anderen familiären Anliegen gegenüber der Herstellung der Familiengemeinschaft in der Schweiz vorerst Priorität eingeräumt hat. Im vorliegenden Fall ist zudem nicht belegt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zutreffen, wonach seine Ehefrau ihre auf Pflege angewiesene Schwiegermutter bis zu deren Tod entsprechend der indischen Tradition in der Heimat gepflegt und betreut hat und dass aus diesem Grund zudem keine andere Wahl blieb, als die Tochter bei der Mutter in Indien und nicht beim Vater in der Schweiz aufwachsen zu lassen. Unabhängig davon, ob es auch in der indischen Gesellschaft Pflicht ist, pflegebedürftigen Eltern beizustehen erscheint es nicht glaubwürdig, dass bei ernsthaftem Bemühen weder für die Betreuung der Mutter des Beschwerdeführers in Indien noch für diejenige von M. H. A. in der Schweiz eine Lösung hätte gefunden werden können.
Es ergibt sich somit, dass die Rüge des Beschwerdeführers unbegründet ist, die Vorinstanz wäre gehalten gewesen, zu seinen Gunsten in die Erwägungen miteinzubeziehen, dass er das Gesuch um Familiennachzug seiner Tochter aus
familiären Anliegen in der Heimat nicht innert der gesetzlichen Frist habe stellen können.
Der Beschwerdeführer macht geltend, für den nachträglichen Familiennachzug seiner mittlerweile über 18 Jahre alten Tochter würden wichtige familiäre Gründe sprechen bzw. es liege ein Härtefall vor, weil nicht davon ausgegangen werden könne, sie sei weitgehend selbständig und bedürfe in Anbetracht der gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten in Indien keiner Betreuung durch Erwachsene mehr. Als alleinstehende junge Frau ohne familiäres Umfeld wäre M. H. A. in Indien von der Gesellschaft ausgeschlossen. Das Kindeswohl gebiete es deshalb, den nachträglichen Familiennachzug zu bewilligen, zumal es seiner englisch sprechenden Tochter - eingebettet und unterstützt durch die Familiengemeinschaft - leicht fallen werde, sich in die schweizerische Gesellschaft zu integrieren und keine Anhaltspunkte bestehen würden, wonach der Familiennachzug missbräuchlich geltend gemacht werden könnte.
Der Beschwerdeführer lebt seit gut zehn Jahren freiwillig getrennt von seiner Ehefrau und seiner Tochter, die er in Indien zurückgelassen hat und die dort sesshaft und verwurzelt sind. Der Sohn, der heute über 25 Jahre alt ist, verfügt seit dem 28. Januar 2010 über eine selbständige Aufenthaltsbewilligung bzw. über eine Aufenthaltsbewilligung, die nicht im Rahmen des Familiennachzugs erteilt worden ist. Zutreffend ist, dass der Ehefrau des Beschwerdeführers die Einreiseerlaubnis in die Schweiz erteilt worden ist, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Wie das Verwaltungsgericht entschieden hat (VerwGE vom 26. Januar 2011 B 2010/221 i.S. A.A.) kann daraus indessen nicht geschlossen werden, es sei in jedem Fall von wichtigen familiären Gründen für den nachträglichen Nachzug von gemeinsamen Nachkommen auszugehen. Andernfalls würde dies in einem Fall wie dem vor-liegenden, wo die gesetzlichen Voraussetzungen zum Nachzug der Ehefrau, nicht aber der Tochter, erfüllt sind, zur Umgehung der gesetzlichen Nachzugsfristen gemäss Art. 47 Abs. 1 AuG führen. Die unterschiedlichen Nachzugsfristen und die
damit verbundenen Konsequenzen sind vom Gesetzgeber gewollt. Daran ändert nichts, dass sich der Beschwerdeführer darauf beruft, mit der Fristenregelung habe der Gesetzgeber im Sinn einer glaubwürdigen Ausländerpolitik rechtsmissbräuchlichen Familiennachzug unterbinden wollen, wovon im Fall des Nachzugs von M. H. A. aber nicht auszugehen sei, weil hier eine Familiengemeinschaft angestrebt werde. Die
Ehefrau des Beschwerdeführers hat gemäss eigenen Angaben in der Heimat die gemeinsame Tochter, die ihr ganzes bisheriges Leben in Indien verbracht hat, grossgezogen, und sie hat die Schwiegermutter während Jahren gepflegt und betreut. Auch wenn die Schwiegermutter nun verstorben ist, ist G. H. A. nicht gezwungen, M.
H. A. in Indien zurückzulassen und ihren Lebensmittelpunkt zum Beschwerdeführer in die Schweiz zu verlegen. Sodann hat der Beschwerdeführer darauf verzichtet, darzulegen, dass dort, wo seine Ehefrau und seine Tochter in Indien leben, kein familiäres Umfeld bestehe, das in der Lage wäre, M. H. A. in Abwesenheit der Mutter zu betreuen, sofern dazu überhaupt eine Notwendigkeit besteht. In Betracht fällt weiter, dass die Tochter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt, als das Gesuch eingereicht wurde, fast 18 Jahre alt war (vgl. BGE 136 II 407 ff.), und dass er nicht geltend macht, sie habe gesundheitliche Probleme, die einen Familiennachzug in die Schweiz trotz des fortgeschrittenen Alters im Interesse des Kindeswohls erforderlich machen könnten. Andernfalls bedarf eine junge Frau von fast 19 Jahren keiner umfassenden Betreuung durch Eltern andere Erwachsene mehr. Sodann kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er den Standpunkt vertritt, seine Tochter würde sich ohne grosse Probleme in die hiesige Gesellschaft integrieren können, weil sie in Familiengemeinschaft leben und von ihren Eltern unterstützt und betreut würde. In Betracht fällt als erstes, dass der hier seit Jahren aufenthaltsberechtigte Beschwerdeführer vorerst aus anderen familiären Gründen darauf verzichtet hat, die Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter in der Schweiz anzustreben bzw. dass M. H. A. zum Zeitpunkt, als das Gesuch um Familiennachzug gestellt wurde, bereits fast 18 Jahre alt war. Mit diesem Vorgehen hat er nicht nur in Kauf genommen, dass dem Gesuch nicht mehr entsprochen werden kann, weil das Kindeswohl den Familiennachzug nicht mehr gebietet, sondern auch, dass die Integration seiner Tochter in die hier herrschenden kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse ausserordentlich schwierig wäre. Ein früherer Familiennachzug hätte die Integration wesentlich vereinfacht, zumal eine Schulbildung in der Schweiz die unabdingbaren sprachlichen Fähigkeiten vermittelt. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass M. H. A. gemäss Angaben des Beschwerdeführers in Indien in traditioneller Weise erzogen worden ist bzw. dass sie mit ihrer Mutter dort in indisch geprägter Gemeinschaft lebt. Dies hat gemäss Angaben des Beschwerdeführers zur Folge, dass sie, trotz des Alters von heute knapp 19 Jahren, weitgehend unselbständig
ist. Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang aus, seine Tochter werde jeden Tag ins College gebracht und dort wieder abgeholt, weil sich ein Mädchen in ihrem Alter an ihrem Wohnort nicht gefahrlos und schon gar nicht alleine auf den Strassen bewegen könne. Abgesehen davon, dass nicht behauptet wird, M. H. A. könne sich in der Schweiz sprachlich verständigen, wäre sie hier deshalb unweigerlich erheblichen Integrationsproblemen ausgesetzt. Die hier herrschenden gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten wären ihr völlig fremd und sie wäre nicht in der Lage, sich hier ihrem Alter entsprechend selbständig zu bewegen und zurechtzufinden. Hinzu kommt, dass sie in dieser Hinsicht kaum auf die Unterstützung ihrer Mutter zählen könnte, weil diese hier ebenfalls mit Integrationsproblemen konfrontiert wäre. Auch G. H. A. hat ihr bisheriges Leben im indischen Kulturkreis verbracht und der Beschwerdeführer behauptet nicht, seine Ehefrau könne sich hier verständigen und sie sei mit den gesellschaftlichen und sozialen Verhältnissen, die sie hier vorfinden würde, vertraut. Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, er sei beruflich stets international tätig gewesen und habe viel herumreisen müssen, was es ihm verunmöglicht habe, bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Gesuch um Familiennachzug seiner Tochter zu stellen. Somit ist anzunehmen, dass auch der Beschwerdeführer selber, nicht zuletzt aus zeitlichen Gründen, nicht in der Lage wäre,
M. H. A. bei Integrationsbemühungen entscheidend zu unterstützen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der angefochtene Entscheid als recht- und verhältnismässig erweist. Es liegt kein Härtefall vor, der es ausnahmsweise rechtfertigen würde, den nachträglichen Familiennachzug der Tochter des Beschwerdeführers in die Schweiz zu bewilligen. Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar, den Kontakt mit seiner Tochter weiterhin mittels Telefonkontakten und Besuchen zu pflegen. Das öffentliche Interesse an ihrer Fernhaltung überwiegt somit gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers, seiner Tochter zu einem Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu verhelfen. Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.-- ist angemessen (Art. 7, Ziff. 222 der
Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Sie wird mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
Ausseramtliche Entschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 98 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 98bis VRP).
Demnach hat das Verwaltungsgericht
zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird abgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- bezahlt der Beschwerdeführer unter Verrechnung mit dem ge-leisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Versand dieses Entscheides an:
den Beschwerdeführer (durch Rechtsanwalt lic. iur. Othmar Gabriel, 6061 S. 1)
die Vorinstanz
am:
Rechtsmittelbelehrung:
Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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